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Tagesbuch

Predigt zum Sonntag vom Gelähmten vom 10.05.2020

12.05.2020 | Thema: Predigt, Tagebuch |

Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes! Christus ist auferstanden!

Liebe Brüder und Schwestern, wir haben uns am heutigen Sonntag zum ersten Mal nach unserer Quarantäne versammelt. Jeder hat auf seine Art diese Zeit verbracht, viele Familien haben ihre kreative Seite ausgelebt. Viel Lob, aber auch Tadel für diese Quarantänezeit habe ich vernommen, doch die richtige Ein- und Wertschätzung dieses unseren Lebensabschnitts findet wahrscheinlich später im Herzen eines jeden statt.

Wir hören heute über das Schicksal eines interessanten Menschen. Nach den Erlebnissen der letzten Wochen erscheint uns diese Geschichte näher und verständlicher. Das ist die Geschichte eines Kranken, der viele Jahre vor einem Teich nicht weit vom Schafstor in Jerusalem lag, an dem Ort, wo sich Obdachlose, Elende und Schwerkranke sammelten, mit der Hoffnung, irgendwann eine Wunderheilung zu bekommen, wenn sie es schaffen, als erste in den Teich hinabzusteigen, nachdem ein Engel zu seiner Zeit das Wasser darin bewegte. Dieser Teich hieß Bethesda, in dem man vor der Opfergabe die Opfertiere wusch.

Zu der Zeit der Geschehnisse, über die wir heute sprechen, wurde der Teich für diesen Zweck nicht mehr benutzt. Und so lag dieser Mensch dort 38 Jahre lang. 38 Jahre ist eine ziemlich lange Zeit für die meisten von uns.

All diese Jahre litt und hoffte dieser Mensch, verlassen von seinen Verwandten und der Familie. (Wir hier mussten nur zwei Monate warten, sind aber schon sehr müde und genervt und fragen immer wieder, wann denn diese Einschränkungen zu Ende sind.

Gott sei Dank gab es damals in Jerusalem schon Menschen, die sich der Schwächsten annahmen und sie versorgten. Und eben diese von der Gesellschaft ausgestoßenen Menschen werden von dem Herrn aufgesucht. Johannes schenkt diesem Ereignis, diesem alten jüdischen Volksglauben viel Aufmerksamkeit, da man darin möglicherweise das Vorbild der späteren christlichen Taufe erahnen konnte.

Am Teich fanden sich viele Kranke, Blinde, Lahme, Verdorrte ein. Das ist unsere Welt, und in diese Welt kommt Jesus, wohl wissend, dass es keine Welt der Schönen, sondern eine der Kranken ist. Johannes zählt die Versehrten auf, er ordnet sie förmlich bezüglich ihrer Art der Krankheit.

Nach Deutung von Heiligen Kirchenvätern der Vergangenheit wurden diese Menschen durch ihr Lossagen von Gott krank: der Blinde erkennt keinen Weg mehr, er sieht Gott nicht mehr und weiß nicht mehr, wie er weiter leben soll; der andere hinkt, angeblich verfügt er noch über bestimmtes Wissen, stolpert aber immer zu, irrt auf falschen Pfaden; der Verdorrte durstet ständig nach Gottes Gnade und Glückseligkeit.

Und jeder Mensch, wir alle, warten auf die Bewegung des Wassers, auf die reinigende Kraft des Wassers, der Taufe, auf die Gnade Gottes.

Als Nächstes fragt der Herr den Gelähmten, ob er gesund werden wolle. Ein sehr wichtiges Detail, auf das wir genauer hinschauen wollen: der Herr, schätzt die innere Freiheit eines jeden Menschen, Er bewirkt kein Wunder, bevor der Mensch Ihn darum bittet, bevor er es sich mit seinem ganzen Herzen wünscht. Und der Kranke antwortet: Herr, ich habe keinen Menschen, der mich, wenn sich das Wasser bewegt, in den Teich bringt; während ich aber komme, steigt ein vor mir hinab. Ein schreckliches Beispiel der menschlichen Hartherzigkeit! 38 Jahre lang lag ein Kranker an diesem Ort, und nicht einmal fand sich jemand, der in ihm einen Menschen gesehen hätte…

Es ist so wichtig, den Augenblick nicht zu verpassen, in dem unser Herr uns zum Werkzeug seiner Liebe macht.

Jesus sagt zum Lahmen: Steh auf, nimm dein Bett und gehe umher! Sofort wurde der Mensch gesund und nahm sein Bett und ging umher.

Und da stellt sich die Frage: warum sollte er mit seinem Bett umhergehen? Bestimmt nicht nur, um sein altes schmutziges Zeug wegzuräumen, obwohl auch das einen Sinn hätte. Das Mittragen seines Bettes zeugt von der vollständigen Genesung dieses Menschen, denn er erlangte seine ganze Kraft zurück. Und er ging. Wir wissen nicht wohin, ob er ein Haus hatte oder sonst was. Aber einige Zeit später findet ihn Jesus im Tempel. Davor war der Geheilte den Fragen ausgesetzt, wer denn der Mensch sei, der gesagt habe: Nimm dein Bett und geh umher. Es war nämlich Sabbat, und das Tragen eines Bettes war nicht erlaubt. Nicht die Frage, wer derjenige ist, der einen 38 Jahre lang praktisch ohne Bewegung am Teich liegenden Kranken geheilt hat, bewegt die Menschen, sondern wer etwas machen ließ, was das Sabbatgebot verletzte.

Diese Frage brachte die Menschen auf. Der Geheilte wusste nicht, wer ihn gesund machte. In seiner Freude und Dankbarkeit ging er in den Tempel, und da findet ihn Jesus und sagt zu ihm: Siehe, du bist gesund geworden; sündige nicht mehr, damit dir nicht noch Schlimmeres widerfahre!

Dieser Mensch ist und bleibt uns unbekannt, wir kennen seine Geschichte nicht, aus diesen Worten unseres Herrn können wir aber schließen, dass er wahrscheinlich in den jungen Jahren gesündigt hatte, wofür ihm diese Krankheit geschickt wurde.

Wir alle sollten uns diese Worte verinnerlichen, denn es ist ja oft der Fall, dass man nach überstandener Krankheit oder gelösten Problemen die guten Vorsätze und Gelöbnisse vergisst und alte Gewohnheiten wieder lebt. Das tiefe Gefühl der Dankbarkeit der ersten Zeit verflüchtigt sich allmählich, und wir widmen uns wieder der teils angenehmen Routine, die im Endeffekt zur seelischen und geistigen Lähmung führt. Und deswegen warnt der Herr diesen geheilten Menschen und somit uns alle: Sündige nicht mehr, damit dir nicht noch Schlimmeres widerfahre!

Und Jesus weiß in dem Moment, dass ab jetzt die Geschichte die tödliche Wendung nimmt, ab diesem Moment beginnt Seine Golgatha (Johannes 5), denn nachdem der Geheilte Jesus im Tempel traf, erzählte er voller Freude, Jesus habe ihn gesund gemacht. Nichts Böses dachte er sich dabei, und doch verriet er den HERRN, denn ab jetzt lauerten Ihm die führenden Gelehrten auf und wenig später beschlossen sie, dass Er getötet werden soll. Jesus ist das alles bewusst, und doch kam Er in diese Welt der Kranken und Elenden, um die Seele eines jeden Menschen zu retten, und der Preis dieser Erlösung ist Sein Tod.

Der Geheilte erzählte den Gelehrten von Jesus, er verriet Ihn. Wie sollen wir uns dazu verhalten? Alle heiligen Kirchenväter der Vergangenheit äußerten sich schützend über ihn, denn er

handelte aus Dankbarkeit, ihm ging es um das Wunder seiner Heilung und er wollte die Fragenden an seiner Freude teilhaben lassen. Das könnte auch für uns als Zeugnis gedeutet werden, dass man bereit sein muss, über seinen Glauben und über die Begegnung mit Gott sprechen zu können. Aber manchmal fragt man nur, um sich zu unterhalten, nett zu plaudern, nicht weil man wirklich Interesse an dem hat, was den anderen richtig bewegt und beschäftigt, und in solchen Situationen ist die Zurückhaltung eine bessere Option, als sich zu offenbaren.

Wenn der Herr Wunder bewirkt, dann geschieht dies nicht offensichtlich, nicht um alle und jeden sofort zu überzeugen. Und über Wunder sprechen sollte man in stiller Freude, ohne Inbrunst und Aufdringlichkeit. Sonst kann leider das Gegenteil erreicht werden, nämlich Protest und Unmut, und das Leugnen des Wunders.

Unser Zeugnis über den Herrn soll als Antwort den Fragenden ruhig und mit Glaube und Liebe abgelegt werden.

Gott schütze Euch! Christus ist auferstanden!


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