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Tagesbuch

Pfingstpredigt vom 07.06.2020

9.06.2020 | Thema: Tagebuch |

Predigt von Erzpriester Sergij Baburin
Hamburg, den 7.6.2020
Pfingsten

Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes!
Frohe Pfingsten, liebe Brüder und Schwestern!
Die Erinnerung an die Evangelischen Ereignisse, die Herabsendung des
Heiligen Geistes auf die Apostel, wird als der Geburtstag der Kirche
bezeichnet. Und das ist sicherlich ein sehr wichtiges Thema für uns,
weil wir gläubig sind und zur Kirche gehen. Aber was ist denn diese
„Kirche“, die an diesem Tag geboren wurde? Das ist natürlich für uns
alle eine sehr wichtige und bedeutende Frage. Denn wir sind oft geprägt
von den sprachlichen Stereotypen, deren wir uns bedienen, und von
unseren Gewohnheiten. Oft benutzen wir folgenden Ausdruck: „Heute gehe
ich in die Kirche.“ Es ist immer wichtig, zu verstehen, was wir damit
meinen. Ist es einfach eine Gewohnheit in die Kirche zu gehen, weil es
mir dort gefällt, es viele nette Menschen und Bekannte gibt, ich dort
für meine Nächsten beten kann, meine Seele zur Ruhe kommt und ich mich
dadurch wohl fühle. Oft hört man auch – und ich möchte absichtlich,
bevor ich auf die Kirche zu sprechen komme, auf einige Wort-Parasiten
aufmerksam machen – die Leute sagen, dass es die Kirche dafür gibt, dass
dort bestimmte Rituale abgehalten werden. Neulich erst, als ich einen
Menschen aussegnete, fragten mich seine Verwandten nach der Beerdigung:
„Welche Rituale sollen wir noch durchführen außer dem, was Sie bereits
getan haben?“ Ich fragte: „Was meinen Sie?“ „Nun, es gibt da das
vierzigtägige Gedenken, die Totenoffizien, Spiegel abhängen, Gabeln
wegräumen, vielleicht noch etwas?“ Im Verständnis der Menschen ist ein
Ritual eine wichtige, sakrale, mystische Handlung. Es ist im Verständnis dieser Menschen überhaupt nicht wichtig sie zu verstehen. Aber sie ist etwas sehr Sprechendes über eine völlig andere Realität. So betrachtet hat ein Ritual etwas von heidnischer Magie. In diesem Fall wird die Kirche wahrgenommen als Büro für rituelle Dienstleistungen. Oft wird auch gesagt: „Ich gehe in die Kirche, um meine religiösen Bedürfnisse zu befriedigen.“ Das ist eine Formulierung, die man sehr oft hört. Die Menschen haben ja wirklich die unterschiedlichsten Bedürfnisse. Und es gibt verschiedene Orte, an denen diese Bedürfnisse befriedigt werden. Und die Kirche ist eben der Ort zur Befriedigung religiöser Bedürfnisse. Gewiss hat all das keinerlei Beziehung zu der Kirche als Sakrament, über die wir heute sprechen und zu der wir alle gehören. Und es muss auch gesagt werden, dass wir diese völlig fremden Begriffe, die der Kirche anhaften und überhaupt keine Beziehung zu ihr haben, aus unserem Bewusstsein und unserer Sprache entfernen müssen.
Wenn wir über die Kirche sprechen als ihrem Geburtstag, als als einer
besonders segensreichen Gegenwart auf der Erde, dann ist es wichtig sich
an Ikonen zu erinnern. Ikonen sprechen eine gute, tiefe und symbolische
Sprache, die uns manchmal auch wortlos verständlich ist. Die Ikone hier
zum Beispiel, die auf dem Analogion liegt, die „Herabsendung des Heiligen
Geistes“, entspricht der alten Ikonographie. Wir sehen die 12 Apostel im
Halbkreis sitzen. Alle sind mit ihren Gesichtern in die Mitte gerichtet,
die leer ist. Aber die Apostel schauen dorthin. Es ist der Ort des
unsichtbaren Jesus Christus, der seinen Jüngern sagt: „Ich bin bei euch
alle Tage bis zum Ende der Welt.“ (Matthäus, 28:20)
Und die Kirche ist nichts anderes als die Gegenwart Christi unter uns.
Aber gleichzeitig erinnern wir uns an die Worte des Herrn: „…ich gehe
zum Vater… Und ich werde den Vater bitten und er wird euch einen anderen Beistand geben…“ (Johannes, 24:12-16). Wir sprechen heute davon, dass der Sohn nach Himmelfahrt unsichtbar bei den Jüngern geblieben ist und gleichzeitig zur Rechten des Vaters (das heißt neben dem Vater, in der
Gnade, in einer Einheit mit Seinem Vater) den Geist in Seine Kirche
sendet, in das Leben eines jeden von uns. So kommt mit dem Sohn der
Heilige Geist in unser Leben. Und dieses erstaunliche Geheimnis eröffnet
sich uns im heutigen Feiertag. Aber wenn wir darüber reden, dann müssen
wir sofort etwas ergänzen: Wenn wir über die Gnade des Heiligen Geistes
sprechen, dann sprechen wir über die Handlungen, in denen wir die
Gegenwart des Heiligen Geistes in der Kirche spüren. Aber „Gnade“ ist
ein allgemeiner Begriff, der allen Personen der Heiligen Dreifaltigkeit
innewohnt. Wir können nicht sagen, dass der Heilige Geist eine Gnade,
der Sohn eine andere und der Vater eine dritte habe. Es ist eine
einheitliche Gnade der göttlichen Natur, derer wir teilhaftig werden
durch den Heiligen Geist. Deshalb ist die Kirche der Raum, in dem wir
das Geheimnis der Heiligen Dreifaltigkeit erfahren. Die Kirche kann ohne
die Dreifaltigkeit nicht leben, ohne die Vorstellung, dass der Herr sich
uns in seiner inneren Natur offenbart und seine Göttliche Gnade auf uns
herabgesendet hat. Dies ist eine Offenbarung im Leben eines jeden von uns.
Alles, was in der Kirche getan wird, jede Handlung in der Kirche
geschieht nicht, weil sie alt, mystisch oder geheim ist, sondern weil
Gnade in ihr vorhanden ist. Damit verbunden ist die Gnade der Heiligen
Dreifaltigkeit. Die Gnade Gottes wird uns durch jedes Sakrament der
Kirche geschenkt. Und das ist für uns auch sehr wichtig zu verstehen.
Gleichzeitig verstehen wir, dass das ein Wunder ist. Jeder Gottesdienst,
jede Handlung, die wir bewusst und mit seelischer Anteilnahme in der
Kirche vollziehen, ist immer ein Wunder. Das Wunder, dass menschliche
Bereitwilligkeit, Streben und Fleiß, diese Geheimnisse zu erfassen, dass
diese menschlichen Willensäußerungen mit Göttlicher Gnade beantwortet
werden. Natürlich verstehen wir manche Ausdrücke in der
Apostelgeschichte nicht. Wir lesen: „Der Heilige Geist hat uns dorthin
gesandt…“ oder „Der Heilige Geist hat uns gesagt…“. Oder einen anderen
Ausdruck, den die Heiligen Väter als Mysterium verstanden: „Gib dich dem
Heiligen Geist und uns hin“ (das bedeutet: „Das ist der Wille des
Heiligen Geistes und damit unser Wille“).
Wovon sprechen die Apostel? Und warum ist es wichtig für uns, dies zu
verstehen? Die Kirche besteht seit dem ersten Jahrhundert ununterbrochen
und ist unantastbar. Das heißt, wir sprechen über eine ganz bestimmte
Sprache des Heiligen Geistes. Und wieder hören wir, dass die Apostel
verschiedene Sprachen sprechen. Dies ist sicherlich nicht die Art von
Ekstase, die wir manchmal in den verschiedenen charismatischen
Gemeinschaften, die es gibt, beobachten oder hören. Es ist eine Sprache
des Heiligen Geistes, die wir aufgerufen sind verstehen zu lernen. Sie
und ich, wir haben es etwas leichter damit, weil wir ständig von einer
Sprache zur anderen springen. Als wir hierher kamen und überhaupt nichts
verstanden, kein einziges Wort, das um uns herum gesprochen wurde, und
an einem grässlichen Minderwertigkeitskomplex deswegen litten und es
noch heute tun, da haben wir fieberhaft nach Lehrbüchern gegriffen und
versucht, etwas zu wiederholen, Konjugationen, Konjunktivneigungen und
jedesmal feststellen müssen, dass es nutzlos war. Etwas blieb zwar
hängen, aber es war völlig unmöglich, es anzuwenden. Die Sprache, das
ist ein Raum, in dem wir hören, wahrnehmen und versuchen zu
kommunizieren. Wir versuchen den Gesprächspartner zu verstehen und tun
alles, damit er uns versteht. Lebendige Unterhaltung ist immer so. Und
nur in lebendiger Kommunikation kann man die Tiefen einer anderen
Sprache erfassen. Das haben wir alle gut gelernt, indem wir hier gelebt
haben. Genau dasselbe geschieht hier. Wenn wir heimlich die Sprache der
Kirche, die Sprache des Heiligen Geistes, lernen wollen, dann müssen wir
in dieser Sprache leben, wir müssen in dieser Sprache kommunizieren, wir
müssen diese Sprache so oft wie möglich anwenden, damit sie zu einer
aktiven Sprache unseres Lebens wird und nicht nur zu einigen abstrakten
Phrasen, die wir verwenden, wenn wir zur Kirche kommen oder wenn wir uns
mit jemandem darüber unterhalten, was die Kirche ist.
Was also ist die Sprache des Heiligen Geistes? Es ist unser Eifer zu
verstehen, was Gottes Willen für unser Leben ist, was es mit unserem
Leben auf sich hat, was der Herr über uns denkt und wie die Göttliche
Vorsehung von jedem von uns ist. Lernen, den Willen Gottes in unserem
Leben zu erkennen, Gott zu hören, seinen Willen zu hören und danach zu
leben, danach zu schaffen – genau das ist der Geist des Heiligen
Geistes, der sich uns allen offenbart. Und Gott gebe uns heute, wenn wir
weiter beten und darum bitten, dass die Gnade des Heiligen Geistes auf
uns nieder komme: „Komm und nimm Wohnung in uns…“ und wir „mit einer
Stimme, mit einem Herzen“ wieder diese wunderbaren Worte ausrufen, dass
wir verstehen, worum wir da eigentlich bitten. Es sind nicht nur
abstrakte Phrasen. Wir bitten nicht um irgendeine innere Begeisterung,
eine Ekstase, sondern wir bitten darum, Gottes Willen zu verstehen, dass
der Herr uns helfe unsere Herzen zu öffnen. Dass der Herr unsere Herzen
fähig macht, ihn zu hören, fähig zu ihm zu sprechen. Dies ist das
Hauptziel unseres heutigen Gebets, und alles Weitere ergibt sich.
Gott segne Sie alle, Brüder und Schwestern, an diesem heiligen,
wunderbaren Geburtstag der Kirche, der von der lebendigen,
lebensspendenden, erleuchtenden und verwandelnden Gnade des Heiligen
Geistes zeugt!
Heute endet der Gottesdienst nach den Regeln der Kirche hiermit nicht,
sondern geht weiter. Etwa 25 Minuten lang wird die Abendvesper dieses
heiligen Tages noch gelesen werden, in der die Gebete zur Heiligen
Dreifaltigkeit erklingen. Das erste Gebet wendet sich an den Gott-Vater,
das zweite an den Sohn und das dritte an den Heiligen Geist. Sie sind in
die Vesper eingewoben. Darum: wer noch Kraft hat und Zeit, der kann für
diesen Gottesdienst noch bleiben und mit ganzem Herzen in die Tiefe
dieser Worte eindringen, in die Tiefe dieser jahrhundertealten Gebete
der Kirche für jede christliche Seele.
Gott segne Sie alle!


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