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Tagesbuch

Predigt vom 12.04.2020 zum Palmsonntag

13.04.2020 | Thema: Predigt |

Im Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes!
Frohes Fest, liebe Glaubensfreunde!
Heute fühlen wir eine Verbundenheit zu der evangelischen Freude, von der wir bei der göttlichen Liturgie gehört haben, zu einer sehr guten Freude, weil die Menschen, welche wir in dem heutigen Abschnitt des Evangeliums getroffen haben, eben jene Menschen sind, die sich auf die Pilgerfahrt nach Jerusalem zum Pessachfest begeben haben.
Diese Menschen hatten schon von den Wundern des Herrn gehört, vor allem vom letzten Wunder, der Wiederauferstehung des Lazarus. Genau deswegen haben sie voller Freude unseren Herrn in Jerusalem begrüßt. Eigentlich haben die Menschen Ihn heute zu ihrem König gemacht. Für einen ganzen Tag war Er der König von Jerusalem. Gleichwohl sehen wir Symbole, die unser Herr beim Einzug in Jerusalem mit sich trägt, welche aber viele Menschen nicht bemerken.
Wir sehen, dass unser Herr vor allem nicht wie ein König auf einem Pferd nach Jerusalem kommt, welches ein Symbol von Stärke, Macht und triumphaler Siege ist. Er reitet in die Stadt auf einem kleinen Esel ein, dem Symbol für friedliche Tätigkeiten. Mit dieser Geste zeigt der Herr uns, dass er in Jerusalem einzieht, um die Seelen der Menschen mit Frieden zu füllen und um ihnen Freude zu bringen.
Zeitgleich sehen wir, dass der Herr selbst nicht von dieser Freude, die um ihn herum herrscht, erfüllt ist. Er weint, weil er weiß, dass die Gefühlslage der Menschen sich sehr schnell ändern wird. Er weiß, dass die Menschen viel zu sehr von weltlichem Glück abhängen, von ihrer zeitlich begrenzten inneren Einstellung. Am wenigsten will unser Herr ihnen eben diese vergänglichen Güter geben, nach denen so viele von den Anwesenden suchen. Und wir sehen, wie schnell ihre Gemütsstimmung kippt.
Die Menschen werden mit der Zeit verstehen, dass der Herr nicht der geistlich-nationale Anführer ist, der sie zu einer Kampfstimmung gegen die Besatzermacht anstachelt, die ihr Land knechtet.
Und ihre Begeisterung für den Herrn wird nicht nur erkalten, sondern in Wut umschlagen, weil die Menschen sich von Ihm um ihre Hoffnungen betrogen fühlen werden.
So wird das Wort Gottes, welches wir heute hören, besonders wichtig für uns, denn die Menschen in Jerusalem haben den Besuch des Herrn nicht verstanden.
Wir freuen uns, weil der Herr sich uns als König dieser Welt öffnet. Wir weinen gemeinsam mit Ihm, weil wir verstehen, dass Er schon sehr bald die Dornenkrone von Seinem eigenen Volke aufgesetzt bekommen wird. Diesen heiligen Tagen nähern wir uns schrittweise.
Aber gleichzeitig freuen wir uns auch, weil der Herr uns eine Freude und einen Sinn gegeben hat. Der Herr hat unser Leben mit dem Sinn des ewigen Lebens gefüllt. Er hat den zuvor gerissenen Faden zwischen dem Menschen und Gott wiederverbunden. Darin liegt auch unsere Freude. Darin spüren wir die immer näherrückende Freude des Osterfestes.
Wir fühlen aber auch, dass vor uns noch die Karwoche liegt. Wir werden in dieser Woche viele innere Tränen vergießen, während wir den Herrn auf seinem Kreuzgang begleiten, während auch wir über unser eigenes Kreuz nachdenken müssen, das jeder vom Herrn auferlegt bekommen hat. Wir spüren trotzdem die aufkommende Osterfreude, wie sie unsere Herzen erfüllt.
Frohes Fest, liebe Glaubensfreunde! Setzt euch auch noch mit folgenden Worten auseinander, die uns der Herr heute gesagt hat: „Als Er näher kam und die Stadt sah, weinte Er über sie und sagte: Wenn doch auch du an diesem Tag erkannt hättest, was dir Frieden bringt. Jetzt aber bleibt es vor deinen Augen verborgen.“ (Lk 19, 41-42). Denn solche Momente haben wir auch in unserem Leben, wenn der Herr an unsere eigene Tür klopft. Leider hören wir, wenn wir hinter Wohlstand und Vergnügungen herjagen, dieses leise Klopfen des Herrn nicht.  Wie Johannes, der Theologe, in seinem Buch „Offenbarung“ schrieb: „Ich stehe vor der Tür und klopfe an!“ (Offenbarung 3:20).
Gnade uns Gott, dass wir das Klopfen des Herrn rechtzeitig hören.

Gottes Segen euch allen, liebe Brüder und Schwestern! Ich wünsche euch eine festliche Stimmung und konzentrierte, aufmerksame, tiefe und besinnliche kommende Tage der Karwoche.
Beschütze der Herr uns alle!

Predigt vom 7.4.20 zum Fest der Mariä Verkündigung

8.04.2020 | Thema: Predigt |

Originale Version der Predigt (russisch): https://www.hamburg-hram.de/letopis/slovo-protoiereya-sergiya-baburina-07-04-2020-na-prazdnik-blagoveshheniya-presvyatoj-bogorodicy/15383.html

Predigt von Vater Sergij Baburin
Hamburg, den 7.4.2020
Mariä Verkündigung, Blagoweschenje Preswjatoj Bogorodicy

Im Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes!

Herzlichen Glückwunsch zum Feiertag Mariä Verkündigung! „Segensreiche,
gute, frohe Botschaft“, so wird das Wort „Blagoweschenje“ (Verkündigung)
aus dem Kirchenslawischen ins moderne Russisch übersetzt. So wird auch
der Name des wichtigsten Buches unseres Glaubens, „Evangelium“,
übersetzt: segensreiche, gute, frohe Botschaft. „Blagoveschenie
Preswjatoj Bogorodicy“ kann man übersetzen als „frohe Botschaft an die
Heilige Gottesmutter“. Es ist die frohe Botschaft, dass sie Mutter wird.
Aber für uns alle ist es die frohe Botschaft, dass mit Ihrer
Mutterschaft die Inkarnation Gottes beginnt.

Was bedeutet nun diese Freude? Es ist nicht nur die Freude über Ihre
Mutterschaft, nicht nur die Freude darüber, dass Gott in unsere Welt
eintritt, sondern in diesem Feiertag liegt auch eine tiefere
Glaubensweisheit darüber, dass die Gottesmutter als hellster, reinster
und würdigster aller Menschen die Worte spricht, die wir heute hören:
„Mir geschehe, wie du gesagt hast“. („Mir geschehe“ wird im Russischen
als „es werde“ übersetzt). Und diese Worte der Heiligen Gottesmutter
erklingen auf die Botschaft des Erzengels hin. „Es geschehe die
Errettung des menschlichen Geschlechts“. Sie antwortet für die ganze
Menschheit mit Zustimmung und Bereitschaft. Wir sehen, wie achtsam der
Herr an diesem Feiertag Sorge trägt für unsere menschliche Freiheit. Er
fragt. Um Erlaubnis. Zu uns kommen zu dürfen. Um uns zu retten.

Der Heilige Philaret aus Moskau sagt über diese Worte, dass in ihnen
Texte mitklingen aus dem 1.Buch Mose, der Genesis, das wir heute gehört
haben: „Es werde…!“ (gleicher Wortlaut mit „es geschehe!“ auf Russisch).
So hat Gott die Welt erschaffen. Und mit der Schöpfung kam das Geschöpf
in die Welt. Mit den Worten der Heiligen Gottesmutter „Es geschehe…!“
(gleicher Wortlaut wie „es werde!“ auf Russisch) kam der Schöpfer in die
Welt. In der Welt, die in Sünde versunken, aber immer noch eine
wunderbare göttliche Schöpfung ist, kann man dieses „Es geschehe“ wie
einen Beginn übersetzen. Man kann es aber auch als Grundlage ansehen,
als Grundlage für unsere Rettung, die mit diesem Feiertag beginnt. Mit
diesem Feiertag beginnt das Leben des Herrn unter uns, in diesem kleinen
Punkt unter dem Herzen der Gottesmutter kommt Gott in unsere Welt. Die
Gottesmutter wird zur Tür, indem er sie als menschliches Wesen zum
Tempel der Gottheit werden lässt, damit Er, die Leiter hinabsteigend,
durch diese Tür auf die Erde kommen kann. Über diese Bilder haben wir
gestern gehört im Abend-Gottesdienst, in den Paroemien, den
alttestamentarischen Weissagungen dieses Feiertages.

„Der Herr ist mit uns!“ – das ist die größte Freude dieser Feier. Wie
sehen, dass wir diese Freude heute feiern. Gleichzeitig verdichten sich
Wolken von Versuchungen um uns herum. Wir erleben, wie wir uns genauso
leicht in den Segnungen der Zivilisation baden, wie wir uns im Pisspott
vom „Fischer und seiner Frau“ wiederfinden. Der Herr sagt: „Sei bei
deiner Familie in dieser Zeit! Denke darüber nach, was Familie für dich
bedeutet und was dir deine Familie bedeutet!“ Sehr oft ist die Familie
doch nur ein Ort, an dem man sich trifft, aber völlig fremde Menschen
sich treffen, die Nacht unter einem Dach verbringen, wieder
auseinandergehen, zurückkommen, still vor dem eigenen Fernseher oder
Computer sitzen, selten ein wenig miteinander streiten, dann wieder
auseinander streben, und jeder seiner Wege geht. So sieht es doch oft
aus, unser Familienleben. Der Herr sagt uns: „Wenn ich jetzt die Kirchen
schließe, lasst eure Familien sich wieder daran erinnern, was die
häusliche Kirche ist! Die Kirche ist jetzt dort, zuhause. Lernt zuhause
beten! Lernt zuhause darüber nachzudenken, worin die göttliche Berufung
der einfachen, alltäglichen Lebenserscheinungen und -handlungen
besteht!“

Und wir sehen, dass die Welt eine ganz besondere, schwierige Erfahrung
macht. Viele von uns haben noch die sowjetische Diktatur erlebt, als der
Mensch ein Rädchen im System zu sein hatte, ein Bolzen, eine
Schraubenmutter. Und wir erleben heute zum Teil in uns Übrigbleibsel
dieses Rostes, dieser großen, einheitlichen Kolchose. Zur gleichen Zeit
sehen wir, wie heute versucht wird, unsere Welt in eine große, folgsame,
digitale Kolchose zu verwandeln. Und jeder wird heute wieder nicht nur
zu einem Rädchen, sondern noch zu einem Fädchen eines globalen Netzes,
das um die Welt gelegt wird. Und während der Zeit, die wir jetzt haben,
legt uns der Herr nahe, erlaubt Er es uns, zu erspüren, die zarte Grenze
unseres Daseins. Natürlich verstehen wir, dass die digitalen
Technologien nicht nur Fesseln der Unfreiheit sind, sondern auch die
Saiten sein können, auf denen König David seine Psalmen sang. So können
auch wir Gott loben mithilfe solcher Technologien. Aber hier gibt es
eine es feine Grenze, an die wir zu dieser Zeit erinnert werden: dass
die Saiten sich nicht in Fesseln verwandeln dürfen!

Und gebe Gott, dass wir heute empfinden, dass jedem Christen zur Freude
dieses Feiertages zwei Flügel erwachsen, die keine Fessel binden können.
Diese Flügel heißen Martha und Maria. Maria, als eine innere
Herzensschau des Menschen. Ein Herz, das Gott hingegeben ist, nicht den
Vergnügungen des endlosen Netzes, durch das sich der Feind in unseren
Seelen unserer Rettung so leicht bemächtigt, so unbegrenzt und
hürdenlos. Und der zweite Flügel, das ist Martha. Das ist unser Handeln,
das ist unser tätiges Christentum. Nicht zufällig hören wir bei allen
Feiertagen der Heiligen Gottesmutter, außer heute, den Evangelientext
über Martha und Maria. Denn so war die Gottesmutter. Sie lehrt uns
nichts zu fürchten und Gott zu folgen. Wir sehen, dass Ihr Leben
ausgesprochen schwer war. Dabei war sie ein glücklicher Mensch, denn in
Ihrer Seele war Gott. Und gebe Gott, dass wir Ihr heute gleich werden.
Wenn wir die Worte fühlen, die Gott an uns richtet: „Und siehe, ich bin
bei euch alle Tage bis an der Welt Ende“, wenn wir fühlen, wie er bei
uns ist, dann können wir nichts fürchten. Dann haben wir vor nichts
Angst, vor Ängsten nicht, vor Krankheiten nicht, vor keinen
apokalyptischen Weissagungen oder Symbolen. Wir fühlen dann, dass der
Herr bei uns ist. Und dann können wir mit der Gottesmutter sagen: „ich
bin Diener“ des Herrn, und „mir geschehe, wie Du gesagt hast, es
geschehe Dein Wille“.

Gebe Gott, dass wir aus der Tiefe des Herzens diese Worte der
Gottesmutter nachempfinden können, die Sie uns allen heute sagt, dass
diese Worte unsere Worte werden, dass wir durch das innere Empfinden
dieser Worte Ruhe, Frieden und Trost finden, dass alle Ängste weichen
durch diesen inneren Gedanken, durch die Erinnerung daran, dass der Herr
bei uns ist.

Gottes Segen uns allen! Ich gratuliere Euch zur Mariä Verkündigung! Möge
diese Feier das Herz eines Jeden von uns berühren! Ich danke Euch,
behüte Euch Gott!

Predigt vom 5.4.20

8.04.2020 | Thema: Predigt |

Originale Version der Predigt (russisch): https://www.hamburg-hram.de/letopis/slovo-protoiereya-sergiya-baburina-05-04-2020/15341.html

Im Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes!

Ich gratuliere Euch zu diesem Sonntag, liebe Brüder und Schwestern! Heute nehmen wir wahr, wie nur noch zwei Wochen bis Ostern bleiben. Und in dem Evangelientext, der uns heute gegeben wurde, dem Ausschnitt aus dem Markus-Evangelium, da spricht der Herr zu seinen Jüngern und uns allen: „Siehe, wir gehen hinauf, gen Jerusalem“. Dieser Einzug nach Jerusalem bezieht sich einerseits auf eine geographische Begebenheit: Jerusalem liegt über dem Meeresspiegel. Und um als Pilger nach Jerusalem zu kommen, braucht es einige Anstrengung für diesen Aufstieg. Andererseits wissen wir, dass es auch für das geistige Leben einen Aufstieg bedeutet. Der Herr spricht davon, dass eine Zeit beginnt besonderer innerer Sammlung für den Aufstieg nach Jerusalem, für den Aufstieg zu den Tagen der Karwoche. Und die heutigen Texte, die heutige Liturgie sprechen darüber, wie unterschiedlich dieser Aufstieg sein kann.

Wir wissen, dass die Heilige Maria von Ägypten auch nach Jerusalem aufgestiegen ist. Gerade ihr Wunder steht in Verbindung mit dem Aufstieg nach Jerusalem. Sie machte sich auf, um dort eine angenehme Zeit zu erleben. Wir wissen, dass sie in ihrer Kindheit das Eine oder Andere über Gott und den Glauben gehört hatte. Vielleicht hatte sie in ihrer Seele kindliche Erlebnisse, als sie sich nach Jerusalem aufmachte. Aber sie hatte nicht vor, ihr vorheriges Leben aufzugeben. In der Beichte beim Starzen Zosima, von der wir aus der Vita des Starzen Zosima wissen, gesteht sie, dass sie noch auf dem Weg nach Jerusalem sich all ihren gewohnten Sünden hingegeben hat. So ist das bei uns auch oft: der Aufstieg zu einem geistigen Leben wird nicht selten als Teil einer Tradition wahrgenommen. Als eine Art persönlichem Osterkuchen-Dasein, das wir sehr gerne mögen, und dazu kommt dann halt noch der Kreuzgang. Manchmal rufen Menschen an, und sie haben so ein Durcheinander im Kopf, und es wird deutlich, dass sie wirklich gar nichts verstehen, und fragen: „Und wann ist unser Oster-Kreuzgang?“. Das heißt, die Menschen brauchen diesen Kreuzgang, Ostereier und den Osterkuchen. Aber ihr Leben ändert sich dabei überhaupt nicht. Aber gerade durch das Beispiel der Heiligen Maria aus Ägypten glauben wir, dass der Herr das Herz eines Jeden von uns berührt, selbst von denen, welche parallel ausgesprochen irdischen Gedanken nachhängen. Wir glauben, dass auch so ein Mensch, vielleicht völlig unerwartet für sich selbst, dass auch so ein Gläubiger die Gnade Gottes erhalten kann, die uns liebt und rettet.

Wir hören heute auch über das Verhalten der Jünger. Dreieinhalb Jahre begleiten sie den Herrn und hören Seine Worte, werden zu Zeugen von Geheimnissen des Evangeliums. Und wir sehen, dass Jakobus und Johannes in den Vordergrund der Erzählung gerückt werden, zwei Brüder, denen der Herr viele Geheimnisse seines Lebens anvertraute. Sie waren zu diesem Zeitpunkt schon Zeugen geworden von der Auferstehung der Tochter des Iairus. Und sie waren schon für würdig befunden worden bei der Verwandlung des Herrn auf dem Berg Tabor dabei zu sein. Und ihnen nun sagt der Herr, dass er nach Jerusalem aufsteigen wird. Und sie verstehen, dass ein Gipfel des irdischen Dienens des Erretters erreicht wird. Aber immer noch ist ein Rest vom alten Bewusstsein übrig, dass es sich um ein Himmelreich auf Erden handelt. Er sagt ihnen, dass Ihm Leiden bevorsteht, Verrat, Qualen, dass all dies kommen wird, auch der Tod am Kreuz. Aber sie verstehen es entweder als Allegorie, oder sie sind schon so an Wunder gewohnt: wenn er selbst schon so Viele hat wiederauferstehen lassen, wird es ihm doch auch selber nicht schwer sein wieder aufzuerstehen, auf jeden Fall bedeutete dies alles in ihrem Bewusstsein den Beginn seines Reiches. Sie hören nicht mal das Wort „Leiden“, sie hören und verstehen das Wort „Reich“, dass sein Reich komme. Und sie haben nicht begriffen, dass dieses Reich nicht von dieser Welt sein wird. Und im Bewusstsein, dass ein Gipfel erreicht wird im irdischen Dasein des Erretters, wenden sie sich an Ihn mit der Bitte sich zur Linken und zur Rechten seines Throns setzen zu dürfen. Wir sehen, dass selbst Menschen, die dem Herrn so nahe waren, bestrebt sind, ihre irdischen Bedürfnisse zu stillen, ihre irdischen Bestrebungen und Ziele zu verfolgen. Sie wollen in dem neuen Reich, wenn der Herr auf Schild und Banner erhoben wird, und die Stellung der Jünger unter den Menschen hervorgehoben sein wird, sich seines Versprechens versichern. Und der Herr sagt ihnen Worte, die auch für uns wichtig sind: zum Einen ernüchtert uns der Text, indem der uns daran erinnert, dass auch wir irdisch verhaftete Menschen sind. Auch wir bitten gerne um Hab und Gut, um Gesundheit, darum dass uns Krankheiten meiden, dass wir alle gesund, satt und glücklich sind. Damit treten wir oft an den Herrn heran. Und er wiederholt uns traurig, dass sein Reich nicht von dieser Welt ist. Dass er nicht dafür nach Jerusalem aufgestiegen ist, ans Kreuz, damit wir alle ein wenig mehr Geld verdienen und ein angenehmes Leben führen können.

Die Worte, die er seinen Jüngern nun spricht, sind auch sehr wichtig: „Zwar ihr werdet den Kelch trinken, den ich trinke, und getauft werden mit der Taufe, da ich mit getauft werde, …“. Was bedeuten diese Worte? Der Herr spricht, und das ist so eine östliche Besonderheit zu sprechen in Doppelsätzen. Im Grunde ist es das Gleiche: der Kelch und die Taufe — ein gewisses Eintauchen ins Leiden. Der Herr sagt in Ruhe seinen Jüngern und somit auch uns allen heute, dass die Nachfolge Christi, der Aufstieg nach Jerusalem, in bestimmtem Maß auch die Fähigkeit und Bereitschaft bedeutet, die Leiden und Schwierigkeiten, die uns in unserem Leben begegnen, zu ertragen, traurige Gedanken, uns selbst in dunklen und traurigen Zeiten zu ertragen, so wie Er es tat, und damit Seinen Kelch zu teilen. Und natürlich ist ein Gipfel der Nachfolge Christi, und darüber hören wir eben heute auch, im Leben der Heiligen Maria aus Ägypten zu finden. Wie dieser Mensch alles hinter sich lassen konnte, um dem Herrn zu folgen. Mit ihrem Aufstieg nach Jerusalem begann auch ihr Abstieg von dort. Sie hat in Jerusalem das Wunder ihrer Berufung durch den Herrn erfahren. Sie begibt sich von dort in die jordanische Wüste, überschreitet den Jordan und beginnt ihre Askese. Hier wird der Übergang über den Jordan zum symbolischen Bild.
Jeder von uns muss seinen Jordan überschreiten, dem Herrn nachfolgen. Das ist dieses alte Leben, in dem es zu viel von dem Irdischen gab, zu viel Jagd nach einfachem menschlichen Glück. Auch solches Glück braucht es in unserem Leben, alle brauchen wir es, wir suchen es und wir erhoffen es uns, aber wir dürfen es nicht ins Zentrum unseres Lebens stellen und den Herrn immer nur darum bitten, dass er es uns erhalte und nichts es bedrohen könne. Das Beispiel der Heiligen Maria von Ägypten ist ein Beispiel dafür, dass jeder Mensch, der Christus nachfolgt, bereit sein muss, das, was sein früheres Leben ausgemacht hat, hinter sich zu lassen. Alles das, was vor der Taufe war, alles das, was vor Christus war in unserem Leben.

Und gebe Gott, dass diese zwei Wochen, die uns vom Osterfest trennen, unser Leben erfüllen mit Eifer, Fleiss und einem Verständnis dafür, was der Herr auf sich nimmt. Wir feiern nicht einfach nur Ostern, wir versuchen Seine Leiden mitzufühlen in diesen folgenden Tagen unseres Lebens. Noch eine Woche trennt uns von der Karwoche. Lasst uns versuchen, so oft wie möglich diese Tage mit ihren Lehren gemeinsam innerlich zu durchleben.

Und noch eine freudige Nachricht: am Dienstag, zur Mariä Verkündigung, gibt es die Möglichkeit, der Liturgie in einem Online-Livestream beizuwohnen und, wenn auch ferngehalten von der Kirche für eine bestimmte Zeit, doch ein wenig teilzuhaben aus der Ferne an der Heiligen Liturgie.

Gottes Segen uns allen, liebe Brüder und Schwestern! Behüte euch Gott, freut euch in geistiger Freude, seid nicht traurig, gebt nicht auf und lasst uns uns selbst zu inneren Schritten unserer geistigen Arbeit zwingen. Behüte euch Gott!

Jugendball zum Fest Mariä Schutz und Fürbitte

15.10.2017 | Thema: Predigt, Tagebuch |

115Den 15. Oktober 2017

Am 15. Oktober um 13:00 Uhr werden Tanzmeisterklasse und Jugendball im Tschaikowsky-Saal (Hamburg) stattfinden, welche mit dem Fest Mariä Schutz und Fürbitte in Zusammenhang stehen. Sie können an dem Ball unabhängig davon teilnehmen, ob Sie tanzen können oder nicht. Das Wichtigste ist ihr Wunsch, die Tanzkunst zu lernen. Professionelle Tänzer werden für Sie unvergessliche Meisterklassen durchführen.

Neben dem Pflichtteil des Tanzprogramms, zu welchem Polka, Quadrille, Walzer und Sirtaki gehören, werden die Gäste beim Teetrinken neue Freundschaften schließen und leuchtende Emotionen während der Kommunikation miteinander erhalten.

Der festliche Ball wird durch die Wiener Walzer eröffnet, welche von den Gästen der Veranstaltung, und zwar Tanzkollektiv „Akademie von drei Generationen – Tanzbrücke Hamburg“ unter Leitung von Natalia Dergacheva aufgeführt wird.

Die Aufführung von Vokalensemble „Fly“ unter Leitung von Tatiana Milcheva wird alle Tänzer fröhlich überraschen.

Veranstaltungsadresse: Tschaikowskyplatz 2, 20355 Hamburg

Kleidungsart: Ausgehkleidung

Eintritt frei

Jugendball zum Fest Mariä Schutz und Fürbitte ist durch Föderalagentur für internationale humanitäre Zusammenarbeit (Rossotrudnitschestwo) zusammen mit der Gemeinde der Kirche des Heiligen Johannes von Kronstadt in Hamburg, Informationsabteilung der Berliner Diözese und Jugendvereinigung „Soborjane“ organisiert.

Osterbotschaft Seiner Heiligkeit, des Patriarchen von Moskau und ganz Russland, KYRILL, an die Oberhirten, Hirten, Mönche, Nonnen und alle gläubigen Kinder der Russisch-Orthodoxen Kirche

23.04.2011 | Thema: Predigt, Tagebuch |

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22.04.2011 ·

Im HERRN geliebte Oberhirten, allverehrte Presbyter und Diakone, gottliebende Mönche und Nonnen, liebe Brüder und Schwestern!

Von dem mit Dankbarkeit an Gott erfüllten Herzen, verkündige ich Euch allen die große und heilsbringende Botschaft:

CHRISTUS IST AUFERSTANDEN!

Jahr für Jahr bezeugt die Kirche mit diesem Ausruf jenes Geschehen von universaler Bedeutung, das sich vor fast zweitausend Jahren ereignet hat. Damals kamen die Myron tragenden Frauen früh am Morgen zum Bestattungsort ihres Lehrers und sahen, dass das Grab leer war. Die göttliche Kraft Christi hat das Gesetz des Todes besiegt. Er ist auferstanden, indem er der ganzen Menschheit bezeugt hat, dass der Tod kein Lebensende ist, sondern dass der Tod durch die Kraft Gottes überwunden wird.

Die Auferstehung Christi als das einmalige Geschehen in der Weltgeschichte, ist nach Gottes Absicht auch zum Anfang unserer persönlichen Auferstehung geworden. Der Heiland ist nämlich dafür in der Welt gekommen, gelitten, wurde gekreuzigt und ist von den Toten auferstanden, damit jeder die Möglichkeit hat, durch die Erfahrung der von den Toten Auferstehung durchzugehen, und zwar nicht im übertragenen, sondern im wahren Sinne dieses Wortes. Apostel Paulus zeugt davon deutlich: „Gott … wird uns auch auferwecken durch seine Kraft“ (1 Kor. 6, 14).

Eben deshalb ist das Paschafest ein Siegesfest des Lebens über den Tod, denn durch die Auferstehung von Christus, dem Erlöser, ist uns allen die Auferstehung von den Toten geschenkt worden. Welch schwierige Umstände des irdischen Daseins wir auch durchschreiten, welche Prüfungen uns auch treffen, mit welchen Ängsten uns auch jene zu schrecken versuchen, die ohne geistliche Kraft die Zukunft deuten wollen, unsere Weltauffassung soll gelassen und freudig sein, weil Christus auferstanden ist!

Im Heiligen Rus´ war das Paschafest immer am größten und hellsten. In den letzten Jahrzehnten ist es erneut in viele Häuser und Familien zurückgekehrt. Heute begeht man es auch dort, wo früher kein Paschagruß klang: in Krankenhäusern und Gefängnissen, im Militär und in der Flotte, sogar im Weltraum. Walte Gott, dass hinter den äußerlichen Veränderungen, die sich in den Ländern der Russischen Welt ereignen, die wahre Wiedergeburt der menschlichen Seelen geschehe, dass die Freude der Auferstehung Christi jedes Herz erfülle, dass durch das Licht der Göttlichen Liebe nicht nur unsere Verwandten und Nächsten erwärmt werden, sondern auch die Leute, die keine Möglichkeit haben, die Kirche zu besuchen, die Senioren, Kranken und Alleinstehenden.

Durch die Auferstehung Christi gewinnt der glaubende Mensch die Möglichkeit, der von oben herabgesandten gnadenreichen Kraft teilhaftig zu werden, um nach Wahrheit und Gottes Geboten zu leben: gut und barmherzig, ehrlich und wollwollend in seinen Beziehungen zu den Mitmenschen zu sein, fähig zu sein, mit ihnen Freude und Elend zu teilen.

Dieses christliche Verhalten zu den Nächsten schließt auch die Sorge ums eigene Land, Volk, Familie und Haus mit ein. In dem die Kirche die Priorität ewiger geistlicher Werte verkündet, ruft sie auch ihre Kinder auf zum behutsamen Verhältnis zu den zeitlichen, aber realen Werten der von Gott geschaffenen Welt: zur uns umgebenden Natur, zum reichen Kulturerbe, das jahrhundertelang von unseren Vorgängern geschaffen wurde. Ein Bewahrer der geistlichen Schätze und Traditionen der Orthodoxie zu sein, bedeutet, sowohl sich und die eigene innere Welt aktiv umzuwandeln, als auch die Schönheit und Harmonie der uns umgebenden Welt zu unterhalten, und sie dort einzupflanzen, wo sie vom bösen menschlichen Willen zerstört sind. So sind die Berufung und die Verantwortung eines Christen.

Der HERR fordert von uns keine unsere Kräfte übersteigende Taten. Indem er sich zur Seele jedes Menschen zuwendet, ruft er immer wieder an: „Kommet her zu mir alle, die ihr mühselig und beladen seid; ich will euch erquicken. Nehmet auf euch mein Joch und lernet von mir; denn ich bin sanftmütig und von Herzen demütig; so werdet ihr Ruhe finden für eure Seelen. Denn mein Joch ist sanft, und meine Last ist leicht“ (Mt. 11, 28-30). Um spüren und begreifen zu können, inwieweit jenes Joch, das uns der Herr auferlegt, gut und sanft ist, muss man lernen, das Gute den Nächsten und Fernen zu tun. In diesem Lernen sind nur die erste Schritte schwer: sich rechtzeitig zu zügeln und nicht mit Grobheit auf Grobheit, mit Bösem auf Böses, mit Lüge auf Lüge, mit Verurteilung auf Verurteilung zu antworten. Und anschließend sollte man auch einmal Zufriedenheit über eine rechte und ehrliche Handlung empfinden, die einem anderen Menschen Nutzen gebracht hat, unabhängig wo: in der Familie, an der Arbeit, in der Pfarrgemeinde oder schlicht im Verkehr mit Nachbarn und Bekannten. Dieses Gefühl der Zufriedenheit vermag in einen freudigen und optimistischen Geisteszustand hinüberwachsen, wenn gute Werke, die nicht des Eigennutzes willen, sondern mit reinem Herzen getan werden, zum Teil unseres Lebens werden. Wir können die Veränderungen zum Besten im Gesellschaftsleben nur dann spüren, wenn wir uns der unzerstörbaren Beziehung bewusst sind, die zwischen dem von uns gewirkten Guten und dem gesellschaftlichen Wohlergehen besteht.

Die vom Evangelium inspirierte Motivation unserer Taten, sowohl im persönlichen, als auch im beruflichen und gesellschaftlichen Bereich ist fähig, uns und die Umwelt grundlegend umzuwandeln.

„Es stehe Gott auf, dass seine Feinde zerstreut werden“! – rufen wir in dieser lichthellen Nacht aus. Es stehe Gott in unseren Herzen auf und Lüge, Feindschaft, Bosheit, Händel und alle Aufspaltungen in unserem Leben sollen zerstreut werden.

Von ganzer Seele gratuliere ich Euch allen, meinen Lieben, zum Paschafest. Mögen die Hilfe und der Segen des wahrhaftig auferstandenen HERRN jeden von uns in unseren weiteren Werken zum Ruhm der Kirche begleiten, zum Nutzen der Länder, in denen wir leben, zum Nutzen Nächster und Ferner. Amen.

PATRIARCH VON MOSKAU UND GANZ RUSSLAND

Moskau,

Pascha Christi

2011

Predigt am Tage der Einführung der Allgepriesenen Jungfrau Maria in den Tempel

21.02.2007 | Thema: Predigt |

Hl. Ioann von Kronstadt

Die Engel, die den Einzug der Allreinen sahen, staunten,
wie die Jungfrau in das Allerheiligste einging
(Gesang zur 9. Ode des Kanons)

Heute feiern wir, geliebte Brüder und Schwestern, zwei Feste: Die Auferstehung Christi und die Einführung der Allheiligen Gottesgebärerin in den Tempel; das eine Fest findet allwöchentlich statt, das andere einmal im Jahr; das eine ist ein Herrenfest, das andere ein Gottesmutterfest. Gegenstand unserer Ansprache wird das Fest der Gottesgebärerin sein.

Beim Gedenken an das heilige Ereignis, das die hl. Kirche jetzt feierlich begeht, soll unser ganzes Wesen von Freude und Zittern durchdrungen sein. Denn woran denken und was feiern wir jetzt? – Die Einführung des dreijährigen Mädchens, der allgepriesenen Jungfrau Maria, in den Tempel Gottes, damit sie im Allerheiligsten zum Herrn hin erzogen, d.h. zu einer Wohnung Gottes bereitet werde. 0 unaussprechliche Freude! Denn der Herr Selbst möchte durch das junge, zuvor durch den Hl. Geist gereinigte Mädchen in die allerengste Verbindung mit den Menschen treten und auf sie seine unermeßlich großen Güter ergießen, die alles Verstehen überschreiten, nämlich: die menschliche Armut bereichern mit der Gottheit, unsere Nacktheit bekleiden, das Gestaltlose ansehnlich machen, das Unreine reinigen, das Finstere erleuchten, das Vergängliche erneuern, das Schwache stark machen. Aber mit der Freude vereint sich unwillkürlich auch Zittern. Denn Gott, der Anfangslose, Große, Unzugängliche und selbst für die Engel Furchtbare, tritt ein in allerengste Gemeinschaft mit der schwachen menschlichen Natur, der Allerheiligste mit den Sündern, wenn auch durch Buße gereinigten. Und so laßt uns dem Herrn begegnen, der zur Vereinigung mit unserer vergänglichen Natur kommt, laßt uns Ihm mit Freude und Zittern begegnen, mit Freude wegen der Größe der Wohltaten Gottes, mit Zittern wegen unserer Sünden.

Zur Ehre und Verherrlichung der allgesegneten Mutter Gottes und zu unserer Erbauung wollen wir davon sprechen, wie sich Ihre Einführung in den Tempel vollzog und danach von der hohen Bedeutung des Tempels für uns und davon, daß wir selbst Tempel Gottes werden sollen. Bekanntlich wurde die allheilige Jungfrau Maria von unfruchtbaren Eltern, Joachim und Anna, geboren, die, schon alt, sich von Gott in inständigem Gebet diese überaus gepriesene Tochter erbaten und dabei das Gelübde ablegten, ihr Kind Gott zu weihen. Und nun, als die Allheilige Jungfrau drei Jahre alt wurde, haben Ihre gerechten Eltern ihr Gelöbnis erfüllt, das sie Gott gegeben hatten und Sie feierlich in den Jerusalemer Tempel eingeführt. Die alten Väter der Kirche, die die Einführung der Gottesgebärerin besungen haben, erzählen in den heiligen Gesängen, wie die hll. Joachim und Anna in Nazareth ihre Verwandten und Freunde versammelten. Die jungen Mädchen gingen mit Kerzen in den Händen dem hl. Mädchen voran; Sie selbst führten Ihre Eltern, und ihnen folgten Freunde und Verwandte. Auf diese Weise gingen sie von Nazareth bis zum Jerusalemer Tempel. Der Hohepriester Zacharias und die Priester, die im Tempel dienten, begegneten ihnen mit Gebeten und Gesang. Die hl. Jungfrau wurde auf die erste Stufe der Freitreppe der Kirche gestellt und ging zur Verwunderung aller Anwesenden, von niemand gestützt, fest die 15 Stufen herauf und blieb erst auf der obersten stehen. Der Hohepriester führte das allreine Mädchen ins Allerheiligste, in das allein der Hohepriester nur einmal im Jahre hineinging. Die Mutter Gottes wurde nach den Worten der Kirche in den Tempel des Gesetzes eingeführt als beseelter Tempel des großen Königs. Die gerechten Eltern brachten Gott Gaben und Opfer dar und kehrten dann, nachdem sie den Segen der Priester empfangen hatten, mit ihren Verwandten nach Nazareth zurück. Die hl. Jungfrau Maria wohnte beim Tempel. Dort lebten in gesonderten Räumen junge Mädchen, die Gott geweiht waren, auch Witwen, die im Tempel dienten, ähnlich wie die Prophetin Hanna. Hier lebten auch Pilger und Fremdlinge. Ihnen schloß sich die hl. Anna, die Mutter der Gottesgebärerin, an, als sie bald nach der Einführung der allheiligen Jungfrau [in den Tempel] verwitwete; aber sie lebte nicht lange mit ihrer allheiligen Tochter; bald nach ihrem Mann übergab sie ihren Geist an Gott.

Die heilige Jungfrau wurde unter der Aufsicht älterer frommer Jungfrauen erzogen, die erfahren waren in der Hl. Schrift und in Handarbeiten. Sie arbeitete unaufhörlich, betete häufig, liebte die Lektüre der Heiligen Schrift. So wurde sie vorbereitet auf ihre hohe Bestimmung. Die Kirche nennt sie die überaus schöne Morgenröte, aus der die Sonne der Gerechtigkeit leuchtete. Gänzlich heiligte, wie ein heiliger Gesang sagt, Sie, die im Tempel war und mit himmlischer Nahrung ernährt wurde, der Allheilige Geist. Als die allreine Jungfrau in das Alter kam, in dem die Jungfrauen, die beim Tempel aufwuchsen, gewöhnlich in die Welt zurückkehrten und in den Stand der Ehe traten, da wollten die Priester, daß auch Sie so handelte. Aber die allreine Jungfrau offenbarte ihnen Ihren Wunsch, Sich Gott zu weihen und nicht in den Stand der Ehe zu treten. Da verlobten sie sie aufgrund einer Eingebung des Heiligen Geistes dem schon älteren Joseph, einem Verwandten ihrer Eltern. Er wurde der Beschützer der allreinen Jungfrau und ehrte das Gott gegebene Gelöbnis.

Die Ikone der Einführung der Mutter Gottes in den Tempel zeigt das dreijährige heilige Mädchen, wie Es die Stufen zum Tempel hinaufgeht. Das soll uns vor allem den Wunsch eingeben, [unsere] Kinder häufiger in den Tempel Gottes zu führen, sie von Kindheit an im Gebet und Hören der HL Schrift zu unterweisen, damit auch sie in Frömmigkeit aufwüchsen und immer höher stiegen auf den Stufen guter Werke und frommer Gedanken. Aber das heutige Fest lehrt uns auch alle auch, den Tempel Gottes hoch zu ehren und den Aufenthalt in ihm in Gebet Lobpreis und Danksagung zu lieben.

Der Tempel ist ein irdischer Himmel. In ihm steht der Thron Gottes,** auf dem unsichtbar der König der Herrlichkeit sitzt und unsere Anbetung, unsere Gebete, Tränen, Seufzer, Lob- und Dankopfer entgegennimmt; im Tempel sind unsere höchsten, geistlichen, ewigen Interessen beschlossen. Von ihm geht die Reinigung, Heiligung und Erneuerung unserer Seelen und Leiber aus; hier fließt unaufhörlich der Strom lebendigen Wassers, wird das Wort Gottes gelesen, werden die tröstlichsten Wahrheiten verkündigt, die Herz und Verstand nähren und entzücken; hier werden süße, himmlische, die Seele erschütternde Gesänge gesungen; hier werden alle heilsamen und uns erneuernden Mysterien vollzogen; hier fließen unaufhörlich die lebenspendenden Ströme des Blutes des Herrn Jesus Christus, die in die, die sie empfangen, ihr wunderbares, göttliches Leben, Reinigung, Heiligung und Erneuerung eingießen; hier werden die höchsten kirchlichen und bürgerlichen Feiern vollzogen, deren Gegenstand unser Heil und unsere Seligkeit in Gott sind oder das Wohlergehen und die Rettung des Vaterlandes oder seiner mächtigen Gebieter von Elend und Übel; hier finden wir Trost in Kümmernissen, Licht in Zweifeln, Kraft in Krankheiten. Hier hören wir von den wunderbaren Glaubenstaten der heiligen, Gott wohlgefälligen Diener und Freunde Gottes, unserer Beter vor Gott, und lernen, ihnen, unserer Kraft entsprechend, nachzueifern. Hier im Tempel erkennen wir die Eitelkeit und Nichtigkeit aller irdischen Güter und daß einzig die Tugend niemals stirbt; hier fühlen wir uns schließlich als Glieder des einen geistlichen Leibes der Kirche Christi und als Himmelsbürger; hier erhalten wir einen Vorgeschmack der himmlischen Seligkeit. Wie kann man nach all dem den Tempel nicht lieben, diese Grenzlinie zwischen Erde und Himmel, diese himmlische Schule, in der wir für den Himmel, für Gott erzogen werden; dieses Spital, in dem unsere seelischen Leiden, Sünden und Leidenschaften geheilt werden; diese Quelle lebendigen Wassers, wo der reinste Strom des Lebens fließt? Der Tempel Gottes ist geweiht zur Wohnung Gottes und zum Ort des Vollzugs der überhimmlischen Mysterien und des Gottesdienstes dazu, daß wir aus uns selbst, aus unseren Herzen, einen nicht von Menschenhand geschaffenen Tempel Gottes bauen; denn nach dem Wort der Schrift ist der Christ ein Tempel Gottes; „Wisset ihr nicht, daß ihr ein Tempel Gottes seid und der Heilige Geist in euch wohnt?‘ Ihr seid Kirchen des lebendigen Gottes“, sagt sie, wie geschrieben steht: „Ich wohne in ihnen und werde in sie eingehen, und werde ihr Gott sein und sie werden meine Söhne und Töchter sein, spricht der Herr, der Allmächtige“.

Und so erkennen wir schließlich unsere hohe Würde und Bestimmung, deren uns der Herr, unser Gott, gewürdigt hat; laßt uns uns selbst unaufhörlich zu einer Wohnung Gottes heranziehen, uns durch Buße, „von jedem Makel des Fleisches und der Seele reinigen und ein Heiligtum schaffen in der Furcht Gottes“. Amen.

** Im Russischen bezeichnet престол sowohl den Thron als auch den Altar (Anm. des Ubers.)

Übersetzung: Karl Christian Felmy

(Полное собранiе Сочиненiй протоiерея Iоанна Ильича Сергiева. Т.1 С.-Петербургъ 1893, 423-428)

Predigt über die Kommunion der heiligen Geheimnisse

21.02.2007 | Thema: Predigt |

Hl. Ioann von Kronstadt

Nehmet den Leib Christi, kostet die unsterbliche Quelle
(Kommuniongesang).

Vor Euch, du Herde, die du nach Christus heißt, befindet sich in diesem Kelch der göttliche Leib und das göttliche Blut unseres Herrn Jesus Christus und ihr habt euch durch Fasten und Beichte zum Empfang dieser heiligen unsterblichen und lebendigmachenden Geheimnisse vorbereitet. Um sie würdig zu empfangen, wird von einem jeden von euch verlangt:

Erstens. Der kindliche, schlichte Glaube, daß ihr unter der Gestalt von Brot und Wein den allerreinsten Leib und das allerreinste Blut des Erlösers empfangt, daß ihr den Erlöser Selbst mit eurem Mund in euren Herzen empfangt, ein Fleisch und Blut mit Ihm werdet und ein Geist, wie gesagt ist: „Denn wir sind Glieder Seines Leibes, von Seinem Fleisch und Seinem Bein“.[Eph 5,30] „Wer Mein Fleisch isset und trinket Mein Blut, der bleibt in Mir und Ich in ihm“.[Joh 6, 56] Und „wer aber dem Herrn anhanget, der ist ein Geist mit dem Herrn“ [1Kor 6,17]; denn in dieser Partikel des Leibes und des Blutes Christi Gottes, die ihr empfangt, befindet sich der ganze Jesus Christus als Seele im Leib.

Es wird von euch zweitens die vollständige unerschütterliche Hoffnung auf die Barmherzigkeit des Erlösers gefordert, daß Er, als göttliches Feuer, mit Seinem Blut all eure Sünden verbrennt und reinigt; deshalb übergebe sich jeder unter euch im Bewußtsein seiner Unwürdigkeit, die göttlichen Geheimnisse zu empfangen, vollständig der Barmherzigkeit des Herrn, damit Er selbst durch Seine Gnade euch würdig mache des Empfangs Seiner heiligen Geheimnisse; jeder sei guter Hoffnung, niemand schwanke, niemand sei kleinmütig, niemand verzage bei der Vorstellung seiner Fluchwürdigkeit und Untauglichkeit; vom Kelch wird allen die Gnade des Gebieters und die große Verzeihung und Reinigung der Sünden gewährt. Nur glaubt und vertraut.

Es wird drittens eine große, brennende engelgleiche Liebe der Kommunikanten zu dem Erlöser verlangt; auf die Liebe des Herrn soll jeder von euch mit Liebe antworten; denn sagt: welche Liebe Gottes hat sich uns Sündern darin erzeigt, daß Gott Selbst, der für uns Fleisch angenommen hat, gelitten hat, gestorben und auferstanden ist, uns zur Nahrung und zum Trank Seinen göttlichen Leib und Sein Blut gegeben und Sich dadurch mit uns in allerengster Vereinigung verbunden hat, mit uns zusammengewachsen oder Sich mit uns vermischt hat, indem Er uns zu Teilhabern Seiner göttlichen Natur gemacht hat! Welche Mutter, welcher Vater, haben irgendwann ihre Kinder so geliebt wie uns der Herr geliebt hat? Und wofür vereinigt sich der Herr mit uns in den heiligen Geheimnissen? – Dazu, um uns von dem Schmutz der Sünden zu reinigen, von dem Schmutz der an Abscheulichkeit und Tödlichkeit nicht übertroffen werden kann; um uns Seine Heiligkeit mitzuteilen, Sein göttliches Leben, Seinen Frieden, Erquickung, Freude, Leichtigkeit, Süße, Freiheit, deren es nichts Kostbareres und Wünschenswerteres auf der Welt gibt; um uns, gereinigt von den Sünden, verwandelt und erneuert, zu Sich in die Himmel zu nehmen, in das ewige Leben, in die ewige Seligkeit: denn mit Sünden und mit Leidenschaften kann niemand im Paradies sein: „Wer Mein Fleisch isset und trinket Mein Blut, der hat das ewige Leben“, sagt der Herr, „und Ich werde ihn am Jüngsten Tage auferwecken“.[Joh 6,56]

So entflammt, die ihr an den göttlichen Geheimnissen kommunizieren wollt, eure Herzen in Liebe zum Erlöser. Heiliger Geist, Tröster, Hort der Güter, gieße Deine Liebe in unsere Herzen!

Es wird von euch viertens die Veränderung des Herzens verlangt. Bisher haben viele von euch die Sünde geliebt, alle habt ihr euch willentlich oder unwillkürlich der Sünde übergeben; nun strebt danach, sie gänzlich zu hassen; denn die Sünde ist eine Ausgeburt des Teufels, ist Widerstand gegen Gott. Trachtet alle danach, verwandelt zu werden in der Tiefe eurer Seele. Ihr wollt den Leib und das Blut des göttlichen Lammes kosten, des sanften und milden Herrn Jesus Christus. Seid deshalb auch selbst sanfte und milde Lämmer, geduldig und dem Willen Gottes ergeben, der Kirche, dem Willen der Eltern, Vorgesetzten, Älteren. Ihr empfangt den Leib und das Blut des Erlösers, aber Er ist ganz Liebe, und Ihm sind Feindschaft und Bosheit fremd. Trachten auch wir danach, in gegenseitiger Liebe zu leben; verzeiht Beleidigungen, vergeltet nicht Böses mit Bösem oder Ärger mit Ärger. Tretet hin zu dem Herrn, dem himmlischen König, der uns alle zum Himmel führt; trachtet danach an das zu denken, was oben ist, bemüht euch, himmlische Sitten zu erwerben, laßt die leidenschaftliche Neigung zu irdischen Dingen, die vergänglich sind und die Seelen knechten und verderben. Liebt das obere Vaterland, die obere Stadt Jerusalem, wo die Mutter Gottes und alle Heiligen sind, und wohin wir alle streben sollen. Verlaßt alle Unreinheit und sündlichen Leidenschaften, jeder zeige eine Wandlung zum Besseren, jeder zeige Besserung, jeder bringe dem Gebieter irgendeine gute Frucht guter Werke, jeder schaffe Früchte, die der Buße würdig sind. Herr! Du selbst verändere und erneuere uns!
Schließlich, damit wir diese himmlische Gabe, den allreinen Leib und das Blut Christi bewahren, wird von uns fünftens Achtsamkeit auf uns selbst verlangt, gegenüber unseren Gedanken, gegenüber unserem Herzen, gegenüber seinen Gefühlen und Neigungen, die Bezähmung seines sündigen Wünschens und Trachtens, auch Enthaltsamkeit bei Essen und Trinken, Enthaltsamkeit von Geschwätzigkeit, Übelreden, Schwören, und jeder Lüge. Mit einem Wort: Jeder hüte sich vor alldem, was Christus, dem Erlöser unserer Seelen, zuwider ist. Denkt daran, daß der Herr uns durch die Kommunion vergöttlicht, uns göttlich macht, und trachtet danach, göttlich zu leben in aller Heiligkeit, Gerechtigkeit und Wahrheit. Ihr seid Kinder Gottes und Christi. Welches Leben aber gebührt den Kindern Gottes?
Euch alle würdige der Herr würdig und mit reicher Ernte die göttlichen Geheimnisse zu empfangen. „Wer den göttlichen Leib und das göttliche Blut unwürdig ist und trinkt, der ißt und trinkt sich selbst zum Gericht“ [1Kor 11,22], sagt der hl. Apostel Paulus. So tretet mit Glaube und Liebe hinzu, damit ihr Teilhaber des ewigen Lebens werdet. Amen.

Hl. Ioann von Kronstadt

(Полное собрание Сочиненiй протоiерея Iоанна Ильича Сергiева. Т.2 С.-Петербургъ 1894, 69-72)

Uebersetzung: Prof. Dr. Karl Christian Felmy / Перевод: профессор доктор Карл Христиан Фелми

Московская Духовная Академия присвоила профессору доктору Карлу Христиану Фелми в 2005 году степень почетного доктора богословия.

Karl Christian Felmy, geboren 1938 in Liegnitz/Schlesien, studierte von 1958 bis 1964 Theologie in Münster und Heidelberg. Von 1964 bis 1969 war er Verwalter einer Assistentenstelle am Ostkirchen-Institut in Münster. 1970 erfolgte seine Promotion mit einer Dissertation über das Thema “Predigt im orthodoxen Rußland. Untersuchungen zu Inhalt und Eigenart der russischen Predigt in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts.”

Nach der Ordination war er von 1971 bis 1975 Referent für Orthodoxie am Kirchlichen Außenamt der EKD in Frankfurt und anschließend Assistent am Lehrstuhl für Geschichte und Theologie des christlichen Ostens in Erlangen (Professor Dr. Fairy v. Lilienfeld). 1981 wurde er in Erlangen habilitiert. Nach einer Zwischenstation als Pfarrer in Fürth war er von 1982 bis 1985 Professor für Konfessionskunde in Heidelberg. 1985 wurde er auf den Lehrstuhl für Geschichte und Theologie des christlichen Ostens der Universität Erlangen-Nürnberg berufen. Zwischen 1995 und 1997 war Prof. Felmy Dekan der Theologischen Fakultät.

Er ist Mitglied der Kommission für den Dialog zwischen der Evangelischen Kirche in Deutschland und der Russischen Orthodoxen Kirche und der Kommission des Lutherischen Weltbundes für den Dialog mit der Orthodoxie.


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